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BGH: Bauhandwerkersicherung auch nach Abnahme anwendbar


Mit Wirkung vom 01.05.1993 an ist das "Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches (Bauhandwerkersicherung) und andere Gesetze" in Kraft getreten. Dieses Gesetz ist in das Werkvertragsrecht des BGB § 648 a eingefügt worden. Ziel dieser zum verbindlichen Bestandteil des Werkvertragsrechts gewordenen Bestimmung ist es, dem Bauhandwerker im Hinblick auf sein Vorleistungsrisiko eine gewisse Sicherheit zu geben. Danach kann er jederzeit eine Sicherheit von seinem Auftraggeber für die zu erbringende Vorleistung verlangen. Auch der Subunternehmer kann vom Generalunternehmer eine Sicherheit verlangen. Jede Bank oder Kreditversicherung kann den voraussichtlichen Vergütungsanspruch in der Regel durch Bürgschaft sichern.

Auf das Recht zur Sicherheitsleistung kann der Unternehmer vertraglich nicht verzichten. Eine Abdingbarkeit ist nach § 648 a Abs. 7 BGB aus-geschlossen. Der Unternehmer kann den Bauherrn formlos auffordern, ihm die zustehende Sicherheit einzuräumen. Nachdem die gesetzte Frist fruchtlos verstrichen ist, steht dem Bauhandwerker ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Nach fruchtlosem Ablauf einer weiteren Fristsetzung mit Kündigungsandrohung kann der Bauhandwerker den Vertrag gem. §§ 648 a Abs. 6, 643 Satz 1 BGB kündigen. Dann kann der Unternehmer die Vergütung für den schon ausgeführten Teil Ersatz der Auslagen und der Vertragsabschlusskosten geltend machen. In der seit dem Jahr 2002 geltenden Fassung des Gesetzes besteht die Vermutung, dass diese Kosten (Schaden) fünf Prozent der Vergütung betragen (§ 648 a Abs. 5 Satz 4 BGB).

Die Höhe der Sicherheit bestimmt sich nach der zu erwartenden Vergütung.

Die üblichen Kosten der Sicherheit, das heißt insbesondere die Avalprovision, bis zu einem Höchstsatz von zwei Prozent p.a. hat der Unternehmer zu übernehmen (§ 648 a Abs. 3 Satz 1 BGB).
Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 23.01.2004 (VII ZR 183/02, VI ZR 267/02, VII ZR 68/03) nun die streitige Frage entschieden, ob diese Regelungen auch dann anwendbar sind, wenn der Auftraggeber die Leistung abgenommen hat oder der Vertrag gekündigt worden ist. Der BGH hat diese Frage bejaht.

Der BGH hat darauf hingewiesen, dass § 648 a BGB dem Unternehmer die Möglichkeit verschafft, die gesetzlich geschuldete Vorleistung abzusichern. Das Bedürfnis nach Absicherung besteht so lange, wie der Unternehmer noch ungesicherte Vorleistungen erbringen muss, nämlich auch dann, wenn der Auftraggeber noch Mängelbeseitigung fordert, obwohl der Werklohn noch nicht vollständig bezahlt ist.

Der BGH hat auch die Frage entschieden, wie der Unternehmer den Vertrag nach Abnahme oder nach Kündigung abrechnen kann, wenn der Auftraggeber die Bezahlung wegen Mängeln verweigert, jedoch eine Sicherheit nicht stellt. In diesen Fällen beruft sich der Unternehmer auf sein Recht, die Mangelbeseitigungsarbeiten zu verweigern; der Auftraggeber beruft sich auf sein Recht, die Zahlung des Werklohns in Höhe des mindestens Dreifachen der Mangelbeseitigungskosten zu verweigern (§ 641 Abs. 3 BGB). Es entsteht eine "Patt-Situation". Diese ist nach der Systematik des Gesetzes aufzulösen. In sinngemäßer Anwendung der §§ 648 a Abs. 5, 643 Satz 1 und 654 Abs. 1 BGB hat der Unternehmer die Möglichkeit, dem Auftraggeber eine Nachfrist zur Sicherheitsleistung mit der Erklärung zu setzen, dass er die Mangelbeseitigung ablehne, wenn die Sicherheit nicht fristgerecht geleistet werde. Nach fruchtlosem Ablauf der Nachfrist erlöschen der Mängelbeseitigungsanspruch des Auftraggebers und damit auch sein Leistungsverweigerungsrecht. Der Unternehmer hat Anspruch auf die Vergütung, die jedoch um den mangelbedingten Minderwert (einfach) zu kürzen ist. Das bedeutet, dass regelmäßig diejenigen Kosten von der vertraglichen Vergütung abgezogen werden, die notwendig sind, um den Mangel beseitigen zu lassen.

Der Unternehmer muss von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen. Er kann davon absehen, eine Nachfrist zu setzen und den Mangelbeseitigungsanspruch des Auftraggebers zu Fall zu bringen. In diesem Fall kann er die volle Vergütung verlangen, muss es jedoch hinnehmen, dass der Auftraggeber sein gesetzliches Leistungsverweigerungsrecht geltend macht.

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