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Das neue Bauvertragsrecht - alles anders ab 01. Januar 2018?


Der deutsche Gesetzgeber hat am 09.03.2017 das "Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts, zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, ..." beschlossen (BGBl. I 2017, S. 969). Diese Regeln sind künftig für alle Verträge anwendbar, die ab dem 01. Januar 2018 geschlossen werden. Einige Neuheiten sollen nachfolgend kurz dargestellt werden:
  1. Das neue Kaufrecht

    Neu eingefügt wurden im Kaufvertragsrecht die §§ 445 a und 445 b BGB. Mit diesen Regelungen soll der Werkunternehmer bei Mängeln eines eingebauten Stoffes oder Gegenstandes eine verbesserte Rückgriffsmöglichkeit bei seinem Lieferanten erhalten. Die neue Regelung sieht vor, dass der Bauunternehmer nun auch Erstattung der Ein- und Ausbaukosten von seinem Lieferanten erstattet verlangen kann. Zwischen Unternehmen ist § 377 HGB zu beachten. Die Vorschrift enthält die Verpflichtung zur Untersuchungs- und Rügepflicht bei Kaufverträgen. Der Käufer (Unternehmer) hat die gelieferte Ware unverzüglich zu untersuchen und muss feststellbare Mängel gegenüber dem Verkäufer unverzüglich rügen. Als unverzüglich gilt eine Rüge von maximal 2 Tagen. Wenn diese Untersuchung nicht vorgenommen wird oder ein erkennbarer Mangel nicht unverzüglich gerügt wird, verliert der Käufer alle Ansprüche wegen dieses Mangels vollständig und endgültig!
  2. Änderungen im allgemeinen Werkvertragsrecht (§§ 631 bis 650 BGB)
    • Abschlagszahlungen, § 632 a BGB
      Künftig entfällt das Kriterium "Wertzuwachs" im Vermögen des Bestellers. Stattdessen ist jetzt der Maßstab: Wert der erbrachten und nach Vertrag geschuldeten Leistung. Darüber hinaus entfällt die Unterscheidung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Mängeln; ein Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers besteht nach § 641 Abs. 3 BGB auch bei unwesentlichen Mängeln.
    • Abnahme
      Künftig gibt es eine fiktive Abnahme. Voraussetzung hierfür ist die Fertigstellung des Werks. Fertigstellung ist die Abarbeitung der im Vertrag genannten Leistungen. Sofern der Besteller die Abnahme "unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert" ist die fiktive Abnahme gescheitert. Dann muss möglicherweise die Feststellung der Abnahmereife - wie bisher - prozessual erstritten werden.

      Die Aufforderung zur Vorbereitung einer "fiktiven Abnahme" hat gegenüber dem Verbraucher in Textform im Sinne von § 126 b (also auch E-Mails und Computerfax) unter Aufklärung über die Rechtslage zu erfolgen.

      Im Falle der Abnahmeverweigerung besteht die Möglichkeit einer Zustandsfeststellung nach § 650 g BGB.
    • Kündigung aus wichtigem Grund, § 648 a BGB
      Diese Kündigungsmöglichkeit nahm die Rechtsprechung bisher analog § 314 Abs. 3 BGB an. Sie besteht dann, wenn die Fortsetzung des Werkvertragsverhältnisses unzumutbar ist. Im Gegensatz zum Rücktrittsrecht ist das Kündigungsrecht befristet und kann nur innerhalb einer "angemessenen Frist" ausgeübt werden; dabei gilt eine Frist von 2 Wochen als Leitlinie.

      Die Wertungen des Rücktrittsrechts dürfen nicht umgangen werden. Dies bedeutet, dass bei Verzug und bei Mängeln (§ 323 Abs. 4 BGB) zunächst nur über die Rücktrittsregeln sich vom Vertrag gelöst werden kann.

      Ausdrücklich ist künftig die Teilkündigung nach § 648 a Abs. 2 BGB geregelt. Sie ist möglich bei abgrenzbaren Leistungen. Das ist dann der Fall, wenn Leistungsbereiche deutlich voneinander zu unterscheiden sind.
  3. Schwerpunkt der Änderungen sind folgende Regeln im Bauvertrag
    • Der Bauvertrag, § 650 a BGB
      Der Bauvertrag ist nach der gesetzlichen Definition in folgenden Varianten gegeben:
      • die Neuherstellung eines Bauwerks oder einer Außenanlage oder eines Teils davon,
      • die Wiederherstellung eines Bauwerks oder einer Außenanlage oder eines Teils davon,
      • die Beseitigung eines Bauwerks oder einer Außenanlage oder eines Teils davon,
      • der Umbau eines Bauwerks oder einer Außenanlage oder eines Teils davon,
      • die Instandhaltung eines Bauwerks, wenn das Werk für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Bauwerks von wesentlicher Bedeutung ist.
      Sind die Umbauten unwesentlich, weil kein wesentlicher Eingriff in die Konstruktion oder den Bestand des Gebäudes erfolgt, liegt kein Bauvertrag vor. Es bleibt dann beim Werkvertrag.
    • Anordnungsrecht des Bestellers, § 650 b BGB
      Das Gesetz enthält - ähnlich wie bisher nur in der VOB/B - ein Anordnungsrecht des Bestellers. Dabei werden die zusätzlichen "erforderlichen Leistungen" (also die Leistungen, die von Anfang an hätten verpreist werden müssen) unterschieden von den Änderungsleistungen, die nicht notwendig sind. Notwendige Änderungsleistungen müssen ausgeführt werden, hier steht dem Unternehmer eine Zumutbarkeitsschranke zur Seite, allenfalls § 275 Abs. 2 und 3 (= völliges Missverhältnis von Leistungsinteresse zum Aufwand). In den anderen Fällen kann der Unternehmer die Ausführung der Änderungsleistung für unzumutbar erklären. Für betriebsinterne Vorgänge (Ausbuchung) hat er die Beweislast, für die technischen Möglichkeiten, die technische Ausstattung bzw. seine insoweit vermeintlich unzureichende Qualifikation hat dies der Besteller.

      Nach einer 30-Tages-Frist ab Zugang des Änderungsbegehrens mit gegebenenfalls vom Besteller vorzulegender Planung tritt das Anordnungsrecht in Kraft. Die Anordnung hat in Textform (Telefax oder E-Mail) zu erfolgen. Wird die Form nicht gewahrt, ist die Änderungsanord¬nung nichtig.
    • Vergütungsanpassung bei Anordnung nach § 650 c BGB
      Maßstab für die Vergütung der Änderungsanordnung sind die vertragsbezogenen tatsächlichen Mehrkosten. Der Unternehmer kann wählen pro Nachtrag, die Mehr- und Minderkosten einer Leistungsänderung tatsächlich nachzuweisen oder anhand der vereinbarungsgemäß hinterleten Urkalkulation. Die Urkalkulation hat die widerlegliche Vermutung der Richtigkeit für sich. Der Besteller müsste im Falle des Bestreitens das Gegenteil beweisen. Für den Fall, die Parteien einigen sich nicht, kann der Unternehmer nach Ausführung und Abnahme der Änderungsleistung eine Abschlagszahlung in Höhe von 80 % seines Angebots verlangen.

      Überzahlungen sind nach den gesetzlichen Zinssätzen ab Zahlungseingang zu verzinsen.
    • Einstweilige Verfügung, § 650 d BGB
      Die Möglichkeit zur Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe soll über die einstweilige Verfügung erfolgen. Dabei ist der Verfügungsgrund (Eilbedürftigkeit) nicht glaubhaft zu machen. Der Unternehmer kann einen Antrag auf Zahlung einer Abschlagszahlung auf diesem Wege geltend machen, der Besteller auf Feststellung, keine Zahlung in dieser Höhe zu schulden. Mit dieser Erklärung soll ein Kündigungsszenario vermieden werden.

      Das einstweilige Verfügungsverfahren erfolgt vor den Baukammern am Landgericht. Diese sind unabhängig vom Streitwert insoweit zuständig.
    • Bauhandwerkersicherung, § 650 f BGB
      Durch § 650 f BGB wird der alte § 648 a BGB a.F. weitgehend unverändert übernommen. Allerdings wird er insoweit abgeändert, dass ein Verbraucher von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung befreit ist, sofern er einen Verbraucherbauvertrag schließt oder einen Bauträgervertrag.
    • Zustandsfeststellung bei Weigerung der Abnahme und Schlussrechnung
      Die gemeinsame Zustandsfeststellung hat den Charakter eines beweiserleichternden Anerkenntnisses. Ist in der Zustandsfeststellung ein offenkundiger Mangel nicht angegeben, wird vermutet, dass dieser nach Zustandsfeststellung entstanden ist und damit vom Besteller zu vertreten ist. Die Zustandsfeststellung kann auch einseitig erfolgen, sofern der Besteller ordnungsgemäß eingeladen wurde und unentschuldigt einem solchen Termin fern bleibt. Künftig wird auch im BGB-Vertrag eine prüfbare Schlussrechnung nach Abnahme die Fälligkeit des Werklohns begründen.

      Dies entspricht der Regelung im VOB-Vertrag.
    • Schriftform der Kündigung, § 650 h BGB
      Die Kündigung des Bauvertrags bedarf der schriftlichen Form. Gemäß § 126 BGB muss die Kündigung vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichen unterzeichnet werden. Die elektronische Form reicht als einfache E-Mail nich
  4. Verbraucherbauvertrag, §§ 650 i - 650 n BGB
    Der Verbraucherbauvertrag bedarf der Textform (also auch E-Mail und Telefax).

    In dieser unabdingbaren Vorschrift werden die vorvertraglichen Informationspflichten des Unternehmers zu erfüllen sein. Dieser muss seine Leistung so beschreiben, dass ein Leistungsvergleich möglich ist.

    Der Unternehmer ist verpflichtet, in der Baubeschreibung verbindliche Angaben zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Werks zu machen. Steht der Beginn der Baumaßnahme noch nicht fest, ist ihre Dauer anzugeben.

    Dem Verbraucher steht nach § 650 l BGB ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zu, es sei denn der Vertrag wurde notariell beurkundet. Der Unternehmer ist verpflichtet, den Verbraucher über sein Widerrufsrecht zu belehren. Die neue gesetzliche Regelung sorgt dafür, dass der Besteller im Verbraucherbauvertrag eine Sicherheit von 15 % hat.

    Abschläge dürfen beim Verbrauchervertrag nur in Höhe von 90 % der Leistungen erfolgen, bei der ersten Abschlagszahlung ist eine Sicherheit in Höhe von 5 % zu leisten, § 650 m BGB.
  5. Unabdingbarkeit
    Nach § 650 o BGB kann im Wesentlichen von diesen Vorschriften nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden. Nur bei der Regelung der Abschlagszahlung (§ 650 m) ist danach noch eine Abweichung zulässig.


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