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Mandanteninformationen

Die Mandanteninformation 2. Quartal 2017

Arbeitsrecht



Grobe Beleidigung rechtfertigt fristlose Kündigung


Grundsätzlich kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Grobe Beleidigungen können eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Die strafrechtliche Beurteilung ist kündigungsrechtlich nicht ausschlaggebend.

In einem vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (LAG) am 24.1.2017 entschiedenen Fall wurde einem Arbeitnehmer fristlos gekündigt, weil er behauptet hatte, dass sich der Vater des Geschäftsführers ihm gegenüber "wie ein A..." verhalten hätte und dass der Geschäftsführer auf dem besten Wege sei, seinem Vater den Rang abzulaufen.

Die Richter des LAG gaben dem Arbeitgeber recht und beurteilten die Kündigung als zulässig. In ihrer Begründung führten sie aus, dass selbst unter Berücksichtigung der mehr als 23-jährigen Betriebszugehörigkeit und der aktuellen Rentennähe die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist dem Arbeitgeber nicht zumutbar war.

Kündigung des Arbeitsverhältnisses - Einziehung eines Geschäftsanteils


Eine Satzungsbestimmung, nach der die Einziehung eines GmbH-Gesellschaftsanteils, der maßgeblich im Hinblick auf die partnerschaftliche Mitarbeit des Gesellschafters in der Gesellschaft (hier: einer Unternehmensberatungsgesellschaft) eingeräumt wurde, an die Beendigung der Mitarbeit geknüpft ist, ist grundsätzlich wirksam.

Eine Satzungsbestimmung, wonach im Falle eines Streits über die Wirksamkeit der Kündigung des Vertragsverhältnisses zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft die wirksame Beendigung fingiert wird und eine Einziehung des Geschäftsanteils durch Gesellschaftsbeschluss deshalb gerechtfertigt ist, ist unwirksam. Die Möglichkeit willkürlicher Einziehung begründet die Sittenwidrigkeit der Klausel.

Ein Gesellschafter, dessen Anteil durch Gesellschaftsbeschluss eingezogen wurde, kann sich jedoch im Falle faktischer Beendigung der Partnerschaft nach Treu und Glauben dann nicht mehr auf eine ungeklärte Beendigung des Vertragsverhältnisses berufen, wenn nach den Umständen des Falles nicht mehr zu erwarten ist, dass der Gesellschafter die tatsächliche Mitarbeit als Partner wieder aufnimmt.

In einem vom Oberlandesgericht München entschiedenen Fall sah die Satzung der Gesellschaft das Setzen einer Abstimmungsfrist für eine schriftliche Beschlussfassung der Gesellschafter nicht vor. Auch die Aufforderung des Aufsichtsratsvorsitzenden, die Angelegenheit bis zu einem bestimmten Datum abzuschließen, stellt kein Setzen einer solchen Frist dar. Sie bringt nur den Wunsch zum Ausdruck, die Angelegenheit falls möglich bis zu einem Termin abzuschließen.

Gesellschaftsvertragliches Wettbewerbsverbot bei Beteiligung an Konkurrenzgesellschaft


Grundsätzlich können Wettbewerbsverbote für Gesellschafter einer GmbH ohne Weiteres in der Satzung einer Gesellschaft vereinbart werden. Zum anderen müssen sich gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbote am Grundgesetz messen lassen, weil sie regelmäßig die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit des betroffenen Gesellschafters berühren.

Eine gesellschaftsvertragliche Regelung oder eine Regelung im Anstellungsvertrag, die ein Wettbewerbsverbot des Gesellschafter-Geschäftsführers vorsieht, erfasst ihrem rechtlich unbedenklichen Sinn und Zweck nach, die Gesellschaft vor der Aushöhlung von innen her zu schützen.

Rein kapitalistische Minderheitsbeteiligungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers an einer Konkurrenzgesellschaft ohne Einfluss auf deren Geschäftsführung, ohne Tätigkeit im Unternehmen und ohne Möglichkeit, dieses zu beherrschen oder Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen zu nehmen, sind im Regelfall unbedenklich und von der sachlichen Reichweite eines Wettbewerbsverbots des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht umfasst.

Herausgabepflicht von Dokumenten bei Kündigung


In einem Fall aus der betrieblichen Praxis war Folgendes im Arbeitsvertrag vereinbart: "Beim Ausscheiden des Arbeitnehmers hat der Arbeitnehmer sämtliche betrieblichen Arbeitsmittel und Unterlagen sowie etwa angefertigte Abschriften und Kopien und auch selbst gefertigte Aufzeichnungen an die Arbeitgeber herauszugeben. Ein Anspruch auf Zurückbehaltung für den Arbeitnehmer besteht nicht."

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat nun in einem Urteil vom 1.9.2016 entschieden, dass das "Ausscheiden" so zu verstehen ist, dass damit das tatsächliche Ausscheiden aus dem Betrieb gemeint ist. So ist es unerheblich, wenn - wie im Urteilsfall - über die Kündigungsschutzklage noch nicht rechtskräftig entschieden ist.

Abgekürzte Kündigungsfrist in der Probezeit nur bei eindeutiger Vertragsgestaltung


Sieht der Arbeitsvertrag eine Probezeit von längstens 6 Monaten vor, kann das Arbeitsverhältnis ohne weitere Vereinbarung von beiden Seiten mit einer Frist von 2 Wochen gekündigt werden.

Ist jedoch in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag in einer weiteren Klausel eine längere Kündigungsfrist festgelegt, ohne unmissverständlich deutlich zu machen, dass diese längere Frist erst nach dem Ende der Probezeit gelten soll, ist dies vom Arbeitnehmer regelmäßig dahin zu verstehen, dass der Arbeitgeber schon während der Probezeit nur mit der vereinbarten längeren Frist kündigen kann.

In einem vom Bundesarbeitsgericht am 23.3.2017 entschiedenen Fall war ein Arbeitnehmer ab April 2014 als Flugbegleiter beschäftigt. Vertraglich war vorgesehen, dass die ersten 6 Monate des Arbeitsverhältnisses als Probezeit gelten. Ferner war in dem Vertrag eine Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Monatsende vereinbart. Am 5.9.2014 erhielt der Flugbegleiter eine Kündigung zum 20.9.2014. Er begehrt die Feststellung, das Arbeitsverhältnis habe erst mit Ablauf der im Arbeitsvertrag vereinbarten Frist und damit zum 31.10.2014 geendet. Aus dem Vertrag ergebe sich nicht, dass innerhalb der ersten 6 Monate des Arbeitsverhältnisses eine kürzere Kündigungsfrist gelten solle.

Arbeiten trotz Arbeitsunfähigkeit


Stellt ein Arzt einem Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus, gilt dieses nicht als Arbeitsverbot, sondern stellt eine Prognose über den zu erwartenden Krankheitsverlauf dar. So kann ein Arbeitnehmer, wenn er sich wieder arbeitsfähig fühlt, wieder arbeiten.

Aus versicherungsrechtlicher Sicht steht einer vorzeitigen Wiederaufnahme der Arbeit nichts entgegen. Um als Arbeitnehmer sicher sein zu können, dass z. B. ein Unfall auf dem Weg zur Arbeit im Zweifelsfall auch als Wegeunfall anerkannt wird, ist es ratsam sich mit dem Arbeitgeber abzusprechen.

Ein Arbeitgeber kann jedoch seine Fürsorgepflicht verletzen und schadensersatzpflichtig sein, wenn er einen arbeitsunfähigen Arbeitnehmer einsetzt. Arbeitgeber sind daher gut beraten sich zu vergewissern, dass der trotz Arbeitsunfähigkeit wieder zur Arbeit kommende Arbeitnehmer tatsächlich einen einsatzfähigen Eindruck macht.

Dazu reicht die Erklärung des Arbeitnehmers. Einer Bescheinigung über die Arbeitsfähigkeit bedarf es nicht. Hat der Arbeitgeber Zweifel, muss er den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers prüfen lassen. Eine ärztliche Bescheinigung, die die Arbeitsfähigkeit bestätigt, ist ratsam.

Wettbewerbsverbot - fehlende Karenzentschädigung


Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist nichtig, wenn die Vereinbarung keinen Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Karenzentschädigung beinhaltet. Weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer können aus einer solchen Vereinbarung Rechte herleiten. Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene salvatorische Klausel führt nicht - auch nicht einseitig zugunsten des Arbeitnehmers - zur Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots.

Diesem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 22.3.2017 lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde: Eine Arbeitnehmerin war von Mai 2008 bis Dezember 2013 als Industriekauffrau in einem Unternehmen beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch ordentliche Kündigung der Angestellten. Im Arbeitsvertrag ist ein Wettbewerbsverbot vereinbart, welches der Arbeitnehmerin untersagt, für die Dauer von 2 Jahren nach Beendigung des Vertrags in selbstständiger, unselbstständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu sein, das mit dem Unternehmen in direktem oder indirektem Wettbewerb steht. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung ist eine Vertragsstrafe von 10.000 € vorgesehen. Eine Karenzentschädigung sieht der Arbeitsvertrag nicht vor. Die "Nebenbestimmungen" des Arbeitsvertrags enthalten eine sog. salvatorische Klausel. Die Arbeitnehmerin, die das Wettbewerbsverbot eingehalten hat, verlangte für die Zeit von Januar 2014 bis Dezember 2015 eine monatliche Karenzentschädigung von ca. 600 € brutto.

Wettbewerbsverbote, die keine Karenzentschädigung vorsehen, sind nichtig. Weder kann der Arbeitgeber aufgrund einer solchen Vereinbarung die Unterlassung von Wettbewerb verlangen noch hat der Arbeitnehmer bei Einhaltung des Wettbewerbverbots Anspruch auf eine Karenzentschädigung, so die BAG-Richter.

40-€-Pauschale bei verspäteter Lohnzahlung durch den Arbeitgeber


Ein Arbeitgeber, der Arbeitslohn verspätet oder unvollständig auszahlt, muss dem Arbeitnehmer einen Pauschal-Schadensersatz in Höhe von 40 € zahlen. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln mit Urteil vom 25.11.2016 entschieden.

Nach einer im Jahr 2016 neu eingeführten Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch hat der Gläubiger einer Entgeltforderung bei Verzug des Schuldners neben dem Ersatz des durch den Verzug entstehenden konkreten Schadens Anspruch auf die Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 €.

Nach Auffassung des LAG handelt es sich bei der Pauschale um eine Erweiterung der gesetzlichen Regelungen zum Verzugszins, der auch auf Arbeitsentgeltansprüche zu zahlen ist. Auch der Zweck der gesetzlichen Neuregelung - die Erhöhung des Drucks auf den Schuldner, Zahlungen pünktlich und vollständig zu erbringen - sprechen für eine Anwendbarkeit zugunsten von Arbeitnehmern, die ihren Lohn unpünktlich oder unvollständig erhalten.

Anmerkung: Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen. Sollte es vom BAG bestätigt werden, werden sich Arbeitgeber mit der 40-€-Pauschale bei verspäteten Lohn- bzw. Gehaltszahlungen konfrontiert sehen.

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