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Abnahmeanspruch nach Kündigung von Bauverträgen?


Der 7. Zivilsenat des BGH (Bausenat) hat mit Urteil vom 19.12.2002 (- VII ZR 103/00 - in: NJW 2003, 1450 = IBR 2003, 190) ausgesprochen, dass das bis zur Kündigung hergestellte Teilwerk trotz seiner Unvollständigkeit abnahmefähig ist. Er hat einen Anspruch auf Abnahme bei Fehlen wesentlicher Mängel bejaht, wobei die Unvollständigkeit des Werkes außer Betracht bleibt. Dies passt zu dem im Zuge der Abrechnung gekündigter Bauverträge angenommenen Zweiteilung des Vertrages in ausgeführte und nicht ausgeführte Leistungen.

Hervorzuheben ist an dieser Stelle:
  • Abgesehen von der Fälligkeit der Vergütung bedarf es nach der Entscheidung grundsätzlich der Abnahme.
  • Die Abnahme wird nicht durch Abnahmereife ersetzt.
  • Eine fiktive Abnahme nach § 12 Nr. 5 VOB/B kommt bei einem gekündigten Vertrag nicht in Betracht.
  • Eine konkludente Abnahme ist weiterhin denkbar, wobei die Kündigung selbst keine konkludente Abnahme ist.
  • Die bloße Kündigung (ohne Abnahme) beendet nicht das Erfüllungsstadium. Die Abnahme beendet es.
  • Die Abnahme gemäß § 8 Nr. 6 VOB/B ist Abnahme im Sinne des § 12 VOB/B in Bezug auf die bis zur Kündigung fertig gestellten Leistungen.
  • Eine Umwandlung der aus § 4 Nr. 7 VOB/B resultierenden Ansprüche in die entsprechenden Ansprüche gemäß § 13 Nr. 5 - 7 VOB/B (Gewährleistungs- bzw. Nacherfüllungsansprüche) erfolgt nur durch Abnahme (nicht durch bloße Kündigung).
  • Erfolgt die Abnahme, greift die Verjährungsregelung des §§ 13 VOB/B, ohne Abnahme bleibt es bei der Verjährung nach allgemeinen Vorschriften (nach altem Recht also in 30 Jahren, nach neuem grundsätzlich in drei Jahren).
  • All dies gilt entsprechend für Teilkündigungen.
  • Nicht unerwähnt bleiben darf, dass der Bedenkenhinweis des Auftragnehmers hinsichtlich der Planung des Architekten grundsätzlich nur dann zur Haftungsfreistellung des Auftragnehmers führen kann, wenn bereits die vertraglich vereinbarte Planung des Architekten fehlerhaft ist. Ordnet der Architekt gegenüber der vereinbarten fehlerfreien Planung vertragswidrig zu Fehlern führende Änderungen an, kann eine vollständige Haftungsfreistellung durch den Bedenkenhinweis des Auftragnehmers nicht erreicht werden.
Nach der Entscheidung des BGH ist davon auszugehen, dass man es infolge der Kündigung hinsichtlich der Abnahme nur mehr mit einem verkleinerten Vertragsgegenstand in Gestalt der ausgeführten Leistung zu tun hat. Bezüglich dieses verkleinerten Vertragsgegenstandes ist die Abnahme beanspruchbar und es treten dann - aber grundsätzlich auch nur dann - dieselben Rechtswirkungen ein, wie beim vollständig ausgeführten Vertrag.

Die vorgenannten Grundsätze gelten sowohl beim VOB- als auch beim BGB-Bauvertrag. Die Abnahme ist wesentlich. Sie hat - bezogen auf die fertig gestellten Leistungen - grundsätzlich keine andere Bedeutung als die Abnahme eines vollständigen Werkes. Die Unvollständigkeit steht nicht entgegen. Der unausgeführte Teil bleibt insoweit außer Betracht. Der Auftragnehmer hat Anspruch auf Abnahme. Abgesehen von der unangetastet gebliebenen Fälligkeit des Werklohnes tritt grundsätzlich keine Abnahmewirkung durch die Kündigung ein, sondern setzen die Abnahmewirkungen die Abnahme oder ihr gleichgestellte Tatbestände voraus.

Ferner ist daher darauf hinzuweisen, dass in der Praxis somit ein vitales Interesse des Auftragnehmers besteht, in Kündigungsfällen die Abnahme zu erreichen. Das Interesse des Auftraggebers ist entgegen gerichtet, ausgenommen die Mängelaufklärung. Die Unterscheidung zwischen der fehlenden Leistungen und Mängeln wird erheblich an Bedeutung gewinnen. Der Auftraggeber wird versucht sein, möglichst weitgehend fehlenden Leistungen als Mängel zu sehen. Dem Geist der Entscheidung dürfte es dagegen entsprechen, alles, was keiner Korrektur bedarf, sondern bloßer Ergänzung zugänglich ist, zu den unausgeführt gebliebenen Leistungen zu rechnen.

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