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Christian Philippi, LL.M., Rechtsanwalt

Anpassung pandemiebedingter Vorschriften zum Miet- und Pachtrecht


Gesetzgeber macht Kürzung der Miete wegen Shutdown möglich


Der von dem Shutdown betroffene Gewerberaummieter fragt sich, ob er seine Mietzahlungen ganz oder teilweise einstellen darf. Die Lage für den Mieter ist prekär, da ihm bei Zahlungsverzug die außerordentliche Kündigung droht, was unter Umständen die Insolvenz zur Folge hat. Aber auch der Vermieter muss wissen, welche Rechte ihm bei staatlicher Schließung der Gewerbeeinheit zustehen, insbesondere, ob er mit einem verminderten Kapitalertrag leben muss, was erhebliche Auswirkungen auf den Kapitaldienst haben kann.

Die Frage nach den Auswirkungen der staatlich verordneten Schließung von Verkaufsstätten des Einzelhandels sowie des Gast- und Dienstleistungsgewerbes im Zuge der Corona-Epidemie auf die Pflicht des Gewerberaummieters zur Zahlung der Miete wird von den Gerichten konträr beantwortet. Das Landgericht Frankfurt a. M. stellte fest, dass kein Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 S. 1 BGB vorliegt und der Mieter erst dann einen Anspruch auf Anpassung des Vertrags unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB hat, wenn es durch den Shutdown für den Gewerberaummieter zu existentiell bedeutsamen Folgen kommt (LG Frankfurt a. M. Urt. v. 2.10.2020  2-15 O 23/20, BeckRS 2020, 26613). Ganz anders das Landgericht München I, welches tief in den rechtswissenschaftlichen Fundus greift und die von der Sach- und Rechtslage immer noch zeitgerechte Rechtsprechung des Reichsgerichts aus den Jahren 1913 bis 1917 bemüht, wonach ein Verbot der Öffnung von Verkaufsstellen für den Einzelhandel oder des Gastgewerbes ein Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB abgeben kann. Daher sollen auch die Beschränkungen in der Corona-Pandemie für die Vermietung eines Geschäftsraumes zum Betrieb eines Einzelhandels einen Mangel darstellen. Dies führe im Falle der Totalschließung zu einer Mietminderung von 80 %, da die Räume im Prinzip für Mitarbeiter, zur Aufrechterhaltung der Verwaltung oder Inventararbeiten und ggf. für einen Versandhandel noch teilweise nutzbar wären (LG München I Endurteil v. 22.9.2020  3 O 4495/20, BeckRS 2020, 28189). Betroffene Eigentümer, Verwalter, Vermieter und Mieter bleiben angesichts dieser juristisch noch nicht abschließend geklärten Fragen - insbesondere stehen Entscheidungen durch den Bundesgerichtshof sowie auf europäischer Bühne noch aus - zunächst ratlos zurück.

Etwas Licht in das Meinungsdickicht hat nun der Gesetzgeber gebracht. Er stellt sich im juristischen Tauziehen, wenn auch etwas halbherzig, auf die Seite des Gewerberaummieters. Am 18.12.2020 ist das Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht beschlossen worden. Die Regelungen werden lt. dem Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz am 31.12.2020 in Kraft treten.

Der Gesetzgeber stellt mit der neuen Regelung in Art. 240 § 7 EGBGB klar, dass sich von staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie betroffene Mieter im Verhältnis zu ihrem Vermieter grundsätzlich auf die Regelungen zur Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB berufen können. Diese Regelung soll die Verhandlungsposition des Gewerberaummieters stärken und zugleich an die Verhandlungsbereitschaft der Vertragsparteien appellieren. Unklar bleibt, ob dem Mieter hiermit die Möglichkeit einer Mietminderung gem. § 536 BGB abgeschnitten werden soll.

Beruft sich ein Mieter auf die nunmehr vermutete Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB, muss trotz der neuen Regelung weiterhin untersucht werden, ob dem Mieter das Festhalten am Vertrag zu unveränderten Konditionen zumutbar ist. Hierbei sind alle Umstände des Einzelfalls heranzuziehen, im Gaststättengewerbe z.B. die Möglichkeiten eines Abhol- oder Lieferservices oder generell eintretende positive Kosteneffekte und die Gewährung staatlicher Hilfen. § 313 Abs. 1 BGB führt - im Unterschied zu einer Mietminderung gem. § 536 BGB - nicht zu einer Anpassung des Vertrages, in der Regel eine Kürzung der Miete, qua Gesetz. Vielmehr müssen sich die Vertragsparteien hierüber verständigen, wobei die Verletzung der Verhandlungspflicht sogar Schadensersatzansprüche auslösen kann (BGH, Urt. v. 30. 9. 2011  V ZR 17/11, NJW 2012, 373). Vermieter und Mieter sind also gut beraten, wenn sie sich auf den Verhandlungsweg begeben. Kommt eine Einigung nicht zu Stande, kann der Mieter auf Zustimmung zu der als angemessen erachteten Anpassung oder unmittelbar auf die Leistung klagen, die sich aus dieser Anpassung ergibt. Bis dahin ist ihm in der Regel die Zahlung unter Vorbehalt in einer im Einfall zu bestimmenden Höhe anzuraten, sofern er nicht die Kündigung des Vertrages riskieren will.

Den Gang zum Gericht hat der Gesetzgeber ebenfalls erleichtert, was dem um eine Lösung bemühten Mieter entgegenkommen sollte, insbesondere, wenn der Vermieter Verhandlungen ablehnt bzw. gar nicht reagiert, was wohl in vielen Fällen bereits aus Unkenntnis zu erwarten ist. So hat der Gesetzgeber gem. Art. 1 § 44 EGZPO ein sogenanntes Vorrang- und Beschleunigungsgebot gegenüber anderen Verfahren eingeführt. Insbesondere soll die Änderung des Zivilprozesses bewirken, dass die Gerichtsverhandlung über die Vertragsanpassung bereits einen Monat nach Zustellung der Klage stattfinden soll, was ein schnelleres Urteil zur Folge haben und Liquiditätsfragen schneller beantworten sollte.

Bitte sprechen Sie uns an, damit wir gemeinsam die für Ihr Gewerberaummietverhältnis passende Lösung erarbeiten können.

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