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Beate Kallweit

Massen"kündigungs-" statt Massen"entlassungs"Anzeige


Rechtsprechungsänderung bei der Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 KSchG

Eine wichtige Änderung für Arbeitgeber ist mit der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (27.01.2005 Junk/Kühnel) verbunden.

Bislang bestand Einigkeit in Literatur und Rechtsprechung, dass §§ 17 ff. KSchG den Arbeitgeber verpflichtete, gegenüber der Agentur für Arbeit eine Anzeige zu erstatten, bevor er innerhalb von 30 Tagen eine bestimmte Mindestanzahl von Arbeitnehmern entlassen wollte. Aufhebungsverträge auf Veranlassung des Arbeitgebers fallen ebenfalls unter die Anzeigepflicht.

Unter "Entlassung" im Sinne dieser Vorschrift verstand man bislang einhellig die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses (also den letzten Tag der arbeitsvertraglichen Beziehungen am Ende der Kündigungsfrist, mithin das tatsächliche Ausscheiden des Arbeitnehmers) und nicht die Kündigung selbst.

In der o. g. Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes wurde nunmehr die Auffassung vertreten, dass als Entlassung im Sinne dieser Vorschrift nicht das Ausscheiden am Ende der Kündigungsfrist, sondern vielmehr die Kündigungserklärung selbst zu verstehen ist.
Wenngleich die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes im Verhältnis zwischen Privaten keine unmittelbare Wirkung entfalten kann, darf dieses Urteil im Deutschen Recht nicht unbeachtet bleiben.

Auch Deutsche Gerichte sind verpflichtet, die von dem Europäischen Gerichtshof vorgegebene Auslegung einer Richtlinie und der auf ihr fußenden Normen, so wie § 17 KschG, zu beachten.

Eine Grenze besteht für das Deutsche Gericht nur insofern, als eine solche europarechtskonforme Auslegung nicht den nationalen Auslegungsgrundsätzen widersprechen darf.

Das Bundesarbeitsgericht ist dieser Entscheidung des EuGH grundsätzlich gefolgt (BAG, 23.03.2006, 2 AZR 343/05).

Ebenfalls hat sich die Agentur für Arbeit mit einer Handlungsempfehlung vom 20.02.2005 dieser neuen rechtlichen Situation angepasst. Die Agentur für Arbeit empfiehlt folgendes:

  1. Eine Anzeige nach §§ 17, 18 KSchG ist nur dann wirksam erfolgt, wenn das innerbetriebliche Konsultationsverfahren mit dem Betriebsrat durchgeführt wurde und die Anzeige vor dem Ausspruch der Kündigung erstattet wurde.

  2. Für die Behandlung anhängiger Verfahren folgt daraus, dass der Arbeitgeber gegebenenfalls eine erneute Kündigung auszusprechen hat, die ursprünglich erstattete Anzeige ist gegebenenfalls zu korrigieren, bzw. neu zu erstatten.

  3. Da die neue Rechtslage in den Übergangsfällen zu einer Verlängerung des Verfahrens führt, ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob von der Zustimmung sowie von der rückwirkenden Zustimmung umfänglich und rasch Gebrauch gemacht werden kann.
Arbeitgeber sind gut beraten, wenn sie diese Neuerung beachten.

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