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Behinderungsanzeige als "erste Hilfe" bei Bauverzögerungen!


Bauablaufpläne sind meist so eng gestrickt, dass kaum ein Bauvorhaben innerhalb der vorgegebenen Fristen realisiert wird. Schon Zwischentermine zur Erbringung bestimmter Gewerke oder Bauabschnitte können häufig nicht eingehalten werden. Mit der Störung des Bauablaufes wankt das gesamte Termingefüge. Als typische Folge weisen Auftragnehmer und Auftraggeber sich gegenseitig die Verantwortung zu. Auftragnehmer beanspruchen dann mehr Kosten wegen zusätzlicher Aufwände, während Auftraggeber Vertragsstrafe und darüber hinausgehende Schadensersatzansprüche geltend machen wollen. Es stellt sich daher bei Verzögerungen für jeden Beteiligten die Frage: "Was tun?"

Als "erste Hilfe" empfehlen wir, die Behinderungsanzeige einzusetzen, um Störungsfolgen möglichst frühzeitig entgegenzuwirken. Denn dieses Instrument stellt sich - anders als Auftraggeber vielfach glauben - weniger als Angriffsmittel dar, sondern informiert und schützt vielmehr den Auftraggeber. Dieser erkennt in der Regel erst durch eine konkrete Behinderungsanzeige, dass auf der Baustelle ein Problem besteht und ergreift deswegen auch erst dann Gegenmaßnahmen. Deswegen sollen dem Auftraggeber mit einer Behinderungsanzeige zugleich Wege aufgezeigt werden, die Störungsauswirkungen so gering wie möglich zu halten. Der Auftraggeber seinerseits sollte die Behinderungsanzeige unvoreingenommen prüfen und im Sinne einer kooperativen Zusammenarbeit den weiteren Bauablauf mit den beteiligten Parteien gemeinsam regeln. Gegebenenfalls empfehlen sich Interimslösungen zum Zwecke der Beschleunigung, wenn die Verantwortung für die Störung zwischen den Parteien streitig ist. So kann etwa der Auftragnehmer sich verpflichten, eine geleistete Beschleunigungsvergütung in dem Fall zurückzuerstatten, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass er für die Störung verantwortlich ist. Demgegenüber kann der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine gesonderte Vergütung für den Fall versprechen, dass sich die Verantwortung des Auftraggebers später herausstellen sollte.

Ganz unabhängig davon ist zu empfehlen, gleichzeitig mit der Behinderungsanzeige seine Leistungen ausdrücklich anzubieten, um auch einen Entschädigungsanspruch gemäß § 642 BGB sicherzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Entschädigung nach § 642 BGB kein Schadensersatz und auch keine Vergütung. Es handelt sich um eine "steuerbare Leistung" für die Bereithaltung von Kapital und Arbeitskraft. Im Hinblick darauf, dass dieser Anspruch nicht von einem Verschulden des Bestellers abhängt, handelt es sich um eine Entschädigung. Nach dem Wortlaut von § 642 Abs. 2 BGB bestimmt sich die Höhe dieser Entschädigung nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung. Mit dieser Regelung wird deutlich, dass der Unternehmer einen Ausgleich dafür erhalten soll, dass er für den Besteller Kapital und Arbeitskraft bereithält, ohne dass der Werklohn dafür einen Ausgleich schafft. Nach der herrschenden Meinung werden die tatsächlichen Mehrkosten quasi "von unten nach oben" berechnet auf der Grundlage der vereinbarten Vergütung, ersatzweise der üblichen Vergütung gemäß § 632 BGB.

Der BGH hat darauf hingewiesen, dass § 648 a BGB dem Unternehmer die Möglichkeit verschafft, die gesetzlich geschuldete Vorleistung abzusichern. Das Bedürfnis nach Absicherung besteht so lange, wie der Unternehmer noch ungesicherte Vorleistungen erbringen muss, nämlich auch dann, wenn der Auftraggeber noch Mängelbeseitigung fordert, obwohl der Werklohn noch nicht vollständig bezahlt ist.

Was die Darstellung bauzeitlicher Ansprüche anbelangt, ist zwingender Ausgangspunkt der Betrachtung ein Soll-Bauzeitenplan, der alle vertraglichen Vorgaben beinhaltet und Grundlage für die Erstellung eines störungsmodifizierten Terminplanes ist. Der störungsmodifizierte Terminplan muss die bauzeitrelevanten Störungen abbilden. Die eingetreten Störungen und deren Auswirkungen sind sodann anhand des ausgeführten Bau-Ist zu untersuchen und abzubilden. Wirkt sich eine im Bau-Soll durchaus relevante Störung im Ist nicht aus, etwa weil der Auftragnehmer den Bauablauf umgestellt hatte, so wird der Störungszeitraum nicht bauzeitverlängernd berücksichtigt. Im Ergebnis werden nur die tatsächlich eingetretenen zeitlichen Auswirkungen betrachtet und mit dem Soll-Bauablauf abgeglichen.

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