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Mandanteninformationen

Die Mandanteninformation 2. Quartal 2016

Arbeitsrecht



Neuerungen bei Leiharbeit und Werkverträgen


Das Bundeskabinett hat am 1.6.2016 den Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Missbrauchs bei Leiharbeit und Werkverträgen beschlossen.

Eine Neuerung ist die gesetzliche Regelung zu Equal Pay nach 9 Monaten. Equal Pay bedeutet, dass Leiharbeitnehmer den gleichen Lohn erhalten wie vergleichbare Stammarbeitnehmer. Bestehende Branchenzuschlagstarifverträge können fortgeführt und weiterentwickelt werden. Diese Tarifverträge müssen jedoch soziale Voraussetzungen erfüllen: Erstens müssen die Zuschläge spätestens nach 6 Wochen einsetzen, und zweitens muss nach spätestens 15 Monaten ein Lohn erreicht werden, der von den Tarifvertragsparteien der Zeitarbeitsbranche als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Lohn der Einsatzbranche festgelegt wird.

Ferner soll eine Überlassungshöchstdauer von grundsätzlich 18 Monaten eingeführt werden. Damit müssen Leiharbeitnehmer nach 18 Monaten, wenn sie weiterhin im gleichen Entleihbetrieb arbeiten sollen, von diesem übernommen werden. Soll dies nicht geschehen, so müssen sie vom Verleiher aus diesem Entleihbetrieb abgezogen werden.

Tarifpartner in den einzelnen Einsatzbranchen können sich durch einen Tarifvertrag auf eine längere Überlassung einigen. Auch nicht tarifgebundene Entleiher erhalten die Möglichkeit, im Rahmen der in ihrer Branche geltenden tariflichen Vorgaben die Überlassungshöchstdauer zu verlängern. Sie können dazu entweder einen Tarifvertrag mit einer festgelegten Überlassungshöchstdauer 1:1 mittels Betriebsvereinbarung nachzeichnen oder eine Öffnungsklausel im Tarifvertrag für Betriebsvereinbarungen nutzen.

Legt der Tarifvertrag für eine solche betriebliche Öffnungsklausel selbst keine konkrete Überlassungshöchstdauer fest, können tarifungebundene Entleiher bei Nutzung der Öffnungsklausel nur eine Überlassungshöchstdauer von maximal 24 Monaten vereinbaren. Legt der Tarifvertrag eine konkrete Überlassungshöchstdauer für die Öffnungsklausel fest (z. B. "48 Monate"), können auch tarifungebundene Entleiher die Öffnungsklausel in vollem Umfang nutzen, wenn sie eine Betriebsvereinbarung abschließen.

Mit dem neuen Gesetz soll auch den teilweise missbräuchlich genutzten Werkverträgen entgegengewirkt werden. Das Gesetz definiert, wer Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer ist, indem es hierzu die Leitsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung gesetzlich festschreibt. Damit sollen missbräuchliche Gestaltungen des Fremdpersonaleinsatzes durch Beschäftigung in vermeintlich selbstständigen Dienst- oder Werkverträgen verhindert werden. Das Gesetz soll zum 1.1.2017 in Kraft treten.

Anrechnung von Sonderzahlungen auf den Mindestlohn


In einem vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entschiedenen, für die Praxis interessanten Fall sah der Arbeitsvertrag neben einem Monatsgehalt besondere Lohnzuschläge sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld vor. Dazu schloss der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Auszahlung der Jahressonderzahlungen. Das Unternehmen zahlte daraufhin allmonatlich neben dem Bruttogehalt je 1/12 des Urlaubs- und des Weihnachtsgelds.

Wie schon zuvor das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 12.1.2016 entschieden hat, kam auch das BAG zu der Entscheidung, dass es sich bei den Sonderzahlungen um Arbeitsentgelt für die normale Arbeitsleistung handelt, weshalb eine Anrechnung auf den gesetzlichen Mindestlohn möglich ist.

Geschäftsführerhaftung bei Wertguthaben aus Altersteilzeit


Im GmbH-Gesetz ist geregelt, dass für die Verbindlichkeiten einer GmbH den Gläubigern derselben nur das Gesellschaftsvermögen haftet. Ein Geschäftsführer einer GmbH haftet für deren Verbindlichkeiten deshalb nur dann persönlich, wenn ein besonderer Haftungsgrund gegeben ist.

Außenstehenden Dritten haften Geschäftsführer einer GmbH grundsätzlich nicht persönlich. Vielmehr ist die Außenhaftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt.

In diesem Zusammenhang hatte das Bundesarbeitsgericht sich mit der Insolvenzsicherung von Wertguthaben aus Altersteilzeit im Blockmodell und der Haftung des Geschäftsführers nach der Insolvenz der GmbH zu befassen. Danach ist der Arbeitgeber nach dem Altersteilzeitgesetz grundsätzlich verpflichtet, das Wertguthaben einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag in geeigneter Weise gegen das Risiko seiner Zahlungsunfähigkeit abzusichern.

Diese Schutzregelung trifft jedoch nur auf das Verhältnis zum Arbeitgeber - also der GmbH - zu. Die Vorschrift begründet keine sog. Durchgriffshaftung von gesetzlichen Vertretern juristischer Personen. Zwar hat der Gesetzgeber u. a. mit dem Vierten Buch Sozialgesetzbuch für den Insolvenzschutz zu erkennen gegeben, dass eine Durchgriffshaftung von gesetzlichen Vertretern juristischer Personen wegen unzureichender Insolvenzsicherung von Wertguthaben grundsätzlich in Betracht kommt. Er hat jedoch die Anwendbarkeit für Altersteilzeitwertguthaben ausdrücklich ausgeschlossen.

Schriftformerfordernis bei Inanspruchnahme von Elternzeit


Wer Elternzeit für den Zeitraum bis zum vollendeten 3. Lebensjahr des Kindes beanspruchen will, muss sie spätestens 7 Wochen vor Beginn der Elternzeit schriftlich vom Arbeitgeber verlangen und gleichzeitig erklären, für welche Zeiten innerhalb von 2 Jahren Elternzeit genommen werden soll.

Bei der Inanspruchnahme handelt es sich um eine rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit - vorbehaltlich der Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung - zum Ruhen gebracht wird. Einer Zustimmung des Arbeitgebers bedarf es nicht.

Das Elternzeitverlangen erfordert jedoch die strenge Schriftform. Es muss deshalb von der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

Ein Telefax oder eine E-Mail wahrt die vorgeschriebene Schriftform nicht und führt zur Nichtigkeit der Erklärung. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 10.5.2016 entschieden.

Vergütung von Raucherpausen keine betriebliche Übung


Hat der Arbeitgeber während sog. Raucherpausen, für die die Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz jederzeit verlassen durften, das Entgelt weitergezahlt, ohne die genaue Häufigkeit und Dauer der jeweiligen Pausen zu kennen, können die Arbeitnehmer nicht darauf vertrauen, dass der Arbeitgeber diese Praxis weiterführt. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung entsteht nicht.

Das hat das Landesarbeitsgericht Nürnberg (LAG) mit Urteil vom 5.11.2015 entschieden Diesem Urteil lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

In einem Unternehmen hatte sich schon seit vielen Jahres eingebürgert, dass die Beschäftigten zum Rauchen ihren Arbeitsplatz verlassen durften, ohne am Zeiterfassungsgerät ein- bzw. auszustempeln. Dementsprechend wurde für diese Raucherpausen auch kein Lohnabzug vorgenommen. In einer Betriebsvereinbarung wurde dann allerdings geregelt, dass beim Entfernen vom Arbeitsplatz zum Rauchen die nächstgelegenen Zeiterfassungsgeräte zum Ein- und Ausstempeln zu benutzen sind.

Einem Arbeitnehmer wurden daraufhin in mehreren Monaten einige Minuten für Raucherpausen von der Arbeitszeit abgezogen. Der Arbeitnehmer verlangte jedoch die Bezahlung der Raucherpausen, da ihm diese nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung zustehe. Das verneinte das LAG.

Ankündigung einer Arbeitsunfähigkeit als Kündigungsgrund


Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bereits die Ankündigung einer zukünftigen, im Zeitpunkt der Ankündigung nicht bestehenden Erkrankung durch den Arbeitnehmer für den Fall, dass der Arbeitgeber einem Verlangen des Arbeitnehmers nicht entsprechen sollte, ohne Rücksicht auf eine später tatsächlich auftretende Krankheit an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abzugeben. Der Arbeitnehmer darf dem Arbeitgeber keine ungerechtfertigten Nachteile androhen. Versucht er einen ihm nicht zustehenden Vorteil durch eine unzulässige Drohung zu erreichen, so verletzt er bereits hierdurch seine arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht, die es verbietet, die andere Seite unzulässig unter Druck zu setzen.

Bei Ankündigung einer Krankschreibung im Falle einer objektiv nicht bestehenden Erkrankung liegt die Pflichtwidrigkeit im Zeitpunkt der Ankündigung in erster Linie darin, dass der Arbeitnehmer mit einer solchen Erklärung zum Ausdruck bringt, dass er notfalls bereit ist, seine Rechte aus dem Entgeltfortzahlungsrecht zu missbrauchen, um sich einen unberechtigten Vorteil zu verschaffen. Dabei braucht die Drohung mit der Erkrankung bei Verweigerung des begehrten Urlaubs nicht unmittelbar zu erfolgen. Es kann ausreichend sein, wenn der Erklärende eine solche Äußerung im Zusammenhang mit seinem Urlaubswunsch stellt und ein verständiger Dritter dies nur als einen deutlichen Hinweis werten kann, bei einer Nichtgewährung des Urlaubs werde eine Krankschreibung erfolgen.

Durch die Pflichtverletzung wird das Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit und Loyalität des Arbeitnehmers in schwerwiegender Weise beeinträchtigt, sodass darin regelmäßig auch ohne vorausgehende Abmahnung ein die außerordentliche Kündigung an sich rechtfertigender verhaltensbedingter Grund zur Kündigung liegt.

Rückzahlung von Weiterbildungskosten - jährliche Minderung der Rückzahlungspflicht


In einem Fall aus der Praxis vereinbarten Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen "Ausbildungs-Anstellungsvertrag". Dieser sah vor, dass der Arbeitnehmer zunächst eine zehnmonatige Ausbildung zum Prüfingenieur absolviert und danach als solcher beschäftigt wird. Der Arbeitgeber übernimmt sämtliche Kosten der Ausbildung. Arbeitnehmer und Arbeitgeber waren sich einig, dass aufseiten des Arbeitgebers Kosten in Höhe von rund 35.500 € entstehen.

In dem Vertrag war geregelt, dass der Arbeitnehmer zur Rückzahlung der Ausbildungskosten verpflichtet ist, wenn er vor Ablauf von 3 Jahren seit Aufnahme der Prüftätigkeit ausscheiden sollte: 100 % der Ausbildungskosten bei Ausscheiden im ersten, 66,66 % der Ausbildungskosten bei Ausscheiden im zweiten und 33,33 % der Ausbildungskosten bei Ausscheiden im dritten Jahr. Nach Bestehen der Prüfung war ein Gehalt von 3.200 € brutto/Monat, ab dem 7. Monat 18 Monate lang 3.500 €, ab dem 19. Monat 3.700 € vereinbart. Nach Ablauf der dreijährigen Betriebszugehörigkeit sind sämtliche entstandenen Ausbildungskosten abgegolten.

Das Landesarbeitsgericht Mainz hat mit seinem Urteil vom 3.3.2015 dazu entschieden, dass die Regelung zur Rückzahlung der Ausbildungskosten den Arbeitnehmer unangemessen benachteilige, weil sie lediglich eine jährlich gestaffelte Minderung der Rückzahlungsverpflichtung vorsieht. Darüber hinaus ist eine arbeitsvertragliche Klausel dann unangemessen, wenn sie bei einer Rückforderungssumme, die das Bruttomonatseinkommen des fortgebildeten Arbeitnehmers um ein Vielfaches übersteigt, bei einer dreijährigen Bindungsdauer nur eine grobe, jährlich gestaffelte Minderung der Rückzahlungsverpflichtung vorsieht, ohne auf eine ausdifferenzierte, etwa monatliche Staffelung abzustellen.

Fallen Fortbildungskosten an, die das Bruttomonatseinkommen des Arbeitnehmers um ein Vielfaches übersteigen, berücksichtigt eine nur jährliche Staffelung das grundgesetzlich geschützte Interesse des Arbeitnehmers an einer möglichst unbeeinträchtigten Ausübung seiner Berufsfreiheit nicht ausreichend. Eine solche Klausel ist damit unwirksam. Ein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers daran, bei Rückzahlungsvereinbarungen durch eine Drittelung der Rückzahlungsschuld den Bleibedruck auf den Arbeitnehmer angesichts der Höhe der Rückzahlungsforderung am Anfang eines jeden Jahres genauso hoch zu halten, wie am Ende dieses Zeitabschnitts, ist jedenfalls bei Rückzahlungsforderungen in erheblicher Größenordnung nicht erkennbar.

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