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Der erhöhte gesetzliche Mindestlohn



Was ist der gesetzliche Mindestlohn?


Der neue Mindestlohn beträgt seit dem 01.01.2020 9,35 EUR, ab 01.01.2021 9,50 EUR, ab 01.07.2021 9,60 EUR, ab 01.01.2022 9,82 EUR, ab 01.07.2022 10,45 EUR, ab 01.10.2022 12,00 EUR, ab 01.01.2024 12,41 EUR und ab dem 01.01.2025 12,82 EUR Arbeitnehmerbrutto pro gearbeitete Zeitstunde. Der gesetzliche Mindestlohn ist subsidiär zu anderen, etwa tarifvertraglichen Mindestlohnbestimmungen. Soweit diese einen höheren Mindestlohn vorsehen, gilt Letzterer. Selbstverständlich behalten auch einzelvertragliche Abreden, nach denen ein höherer Lohn geschuldet ist, ihre Gültigkeit.

Auch die Rechtsprechung des BAG zum Wucher wird durch den gesetzlichen Mindestlohn nicht berührt. Auch ein Stundenentgelt in Höhe von 12,41 EUR oder darüber kann sittenwidrig sein, wenn die Kriterien der Wucherrechtsprechung erfüllt sind.


Für wen gilt der gesetzliche Mindestlohn?


Der gesetzliche Mindestlohn gilt für alle Arbeitgeber bundesweit und unabhängig von der Branche. Ausnahmen bestanden lediglich in Form einer zweijährigen Stufenregelung für Zeitungszusteller und einer dreijährigen Fortgeltung bestimmter für allgemein verbindlich erklärter Mindestlohntarifverträge.

Das Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie, dessen Bestandteil das Mindestlohngesetz ist, stellt erstmals Praktikanten den Arbeitnehmern gleich. Abgesehen von im Einzelnen aufgeführten Praktikumsformen, beispielsweise wenn diese nach einer Ausbildungsordnung verpflichtend sind, sind auch Praktikanten mit mindestens 12,41 EUR Arbeitnehmerbrutto zu entlohnen. Da es an deren Arbeitnehmereigenschaft fehlt, sind Auszubildende nicht vom Mindestlohngesetz erfasst. Ebenfalls ausgenommen sind Personen unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung, um zu verhindern, dass junge Menschen sich wegen der besseren Entlohnung gegen die Absolvierung einer Ausbildung entscheiden. Weiterhin ausgenommen sind ehrenamtlich tätige Personen, wobei dieser Begriff eng auszulegen ist.

Trotz vielstimmiger und lautstarker Forderungen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens sind vom Mindestlohngesetz nicht ausgenommen z.B. Werkstudenten, als Praktika fehletikettierte Arbeitsverhältnisse sowie insbesondere auch 450-Euro-Jobs (§ 8 SGB IV). Weiterhin sieht das Gesetz keine Ausnahmen für in der Landwirtschaft beschäftigte Personen, für Rentner, Hausfrauen und männer, Saisonarbeitskräfte oder die Gastronomiebranche vor.


Wie berechnet sich der gesetzliche Mindestlohn?


Die Forderung des Gesetzgebers nach einem Mindestlohn pro Zeitstunde klingt einfach, wirft jedoch zahlreiche Fragen auf. Einigkeit herrscht darüber, dass rechnerischer Bezugszeitraum trotz des eindeutigen Gesetzeswortlautes der Kalendermonat ist. Den Forderungen des Mindestlohngesetzes ist Genüge getan, wenn für jede tatsächlich gearbeitete Stunde (einschließlich der Überstunden) im Schnitt für den betrachteten Monat 12,41 EUR gezahlt sind. Außer Betracht bleiben hierbei Gratifikationen und Sonderzahlungen, die halb- oder ganzjährig nachträglich geleistet werden, wie z.B. ein 13. Gehalt oder Weihnachtsgeld, ebenso wie alle Leistungen, die unter einem Rückforderungsvorbehalt stehen. Außer Ansatz bleiben weiterhin Aufwandsentschädigungen, Trinkgelder sowie nach bislang herrschender Auffassung Zuschläge für Nachtarbeit. Vermögenswirksame Leistungen bleiben ebenfalls außer Ansatz, bei betrieblicher Altersversorgung im Wege der Entgeltumwandlung ist dies umstritten. Dies gilt auch für sonstige Zulagen und Zuschläge, wobei die Tendenz dahin geht, dass solche Leistungen einzuberechnen sind, die als Gegenleistung für die geschuldete "Normalarbeit" gezahlt werden.


Was müssen Arbeitgeber beachten?


Nach bislang herrschender Auffassung ist der gesetzliche Mindestlohn Bestandteil auch höherer Vergütungen. Jeder Arbeitgeber zahlt daher ab dem 01.01.2015 (auch) den gesetzlichen Mindestlohn. Auch bei den den Mindestlohn übersteigenden Vergütungen sind daher die Dokumentationspflichten des Mindestlohngesetzes zu beachten, ebenso ist die Nichtzahlung (auch: die nicht rechtzeitige Zahlung) zumindest des Mindestlohnanteils der Vergütung bis zu einer Höhe von 500.000,00 EUR bußgeldbewehrt. Zuständig für die Überwachung der Einhaltung des Mindestlohngesetzes ist der Zoll.

Nach § 19 MiLoG werden Arbeitgeber, die wegen Verstößen gegen das MiLoG mit einer Geldbuße von 2.500,00 EUR oder mehr belegt wurden, von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen.

Vertragliche oder nicht nach dem Mindestlohn privilegierte tarifliche Vereinbarungen, die nicht den gesetzlichen Mindestlohn erreichen, sind nichtig. Eine solche Entgeltabrede führt nicht etwa dazu, dass anstelle des nichtigen, zu niedrigen Entgeltes der gesetzliche Mindestlohn geschuldet ist, sondern nach § 612 Abs. 2 BGB ist der übliche Lohn geschuldet, der deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen kann. Wir empfehlen daher dringend, den Bestand an Arbeitsverträgen darauf hin zu überprüfen, ob Änderungsbedarf besteht. Arbeitnehmern mit zu geringem Entgelt ist eine Vertragsänderung auf den Mindestlohn anzubieten. Unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer dieses Angebot annimmt, ist der gesetzliche Mindestlohn zu zahlen. Das Angebot an den Arbeitnehmer soll verhindern, dass der Arbeitnehmer nach § 612 Abs. 2 BGB eine höhere Vergütung als den gesetzlichen Mindestlohn verlangt.


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