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Industrie 4.0 - Eine Herausforderung auch für das Recht


Die deutsche Bundesregierung verwendet "Industrie 4.0" als Marketingbegriff und fasst mit diesem die Chancen und Herausforderungen der zunehmenden Vernetzung ("Internet der Dinge") und der Möglichkeit autonom agierender, womöglich mithilfe der künstlichen Intelligenz (KI) selbst lernender Systemen zusammen.

Die Möglichkeiten, sich selbst durch Verbesserung des eigenen Programmcodes verändernder Maschinen, die in ständiger, menschenunabhängiger Kommunikation mit anderen Systemen stehen, gehen über den Bereich der klassischen Industrie hinaus und werden möglicherweise auch deren Abgrenzung zum Endverbraucher, beispielsweise durch den Einsatz von 3D-Druckern, aufweichen.

Es liegt auf der Hand, dass die technischen Herausforderungen in diesem Zusammenhang gewaltig sind, dies gilt darüber hinaus für Fragen der IT-Sicherheit, der Maschinenethik, aber auch für rechtliche Fragestellungen, von den einige kurz beleuchtet werden sollen.

1. Abgabe automatisierter Willenserklärungen
Autonome, untereinander vernetzte Systeme kommunizieren ständig und ohne menschlichen Eingriff miteinander über das Internet. Hierbei werden auch Erklärungen abgegeben, die Rechtsfolgen, beispielsweise eine Nachbestellung, auslösen. Klar ist bisher nur, dass das Vertrauen auf den Bestand solcher automatisierten Willenserklärungen rechtlich geschützt werden muss, wenn das Internet der Dinge überhaupt funktionieren soll. Unklar ist, durch Anwendung welcher rechtlichen Regelungen dies gewährleistet werden kann. Grundsätzlich drängt sich das Recht der Stellvertretung in diesem Zusammenhang auf, es fehlen jedoch Korrektive bei der Überschreitung der Vertretungsmacht durch das autonom agierende System. § 179 Abs. 1 BGB. Dieses verfügt nicht über eine Haftungsmasse, aus der eventuell resultierende Schäden beglichen werden können.

2. Datenschutz
Es liegt auf der Hand, dass die entstehenden Datenströme auch personenbezogene Daten enthalten werden. Diesbezüglich scheint Einigkeit darüber zu bestehen, dass das hierauf bezogene Schutzniveau durch die Anwendung autonom agierende Systeme nicht abgesenkt werden darf. Insoweit reicht die bisher überwiegend durch die EU-Datenschutzgrundverordnung das neue Bundesdatenschutzgesetz geprägte Rechtslage aus.

3. Schutz von Daten
Anders verhält es sich bei der Frage, wem die beim Betrieb der automatisierten Systemen "gehören". In der Regel werden sowohl der Hersteller der Maschine als auch dessen Verwender diese Daten, deren Wert alle Beteiligten längst erkannt haben, für sich reklamieren. Ein Eigentum an Daten kennt unsere Rechtsordnung nicht. Eigentum kann nur an Sachen und Tieren bestehen. Ungeachtet dessen existiert auch nach geltendem Recht eine rechtliche Zuordnung auch nicht personenbezogener Daten, beispielsweise durch § 17 UWG, §§ 87 a ff UrhG sowie strafrechtlicher Schutz durch Ausspähverbote von technisch geschützten Datenbeständen. Auf dieser Basis wird es auch in Zukunft den Vertragsparteien obliegen, die Zuordnung von Daten, bei denen es sich auch um völlig neu entstandenen Programmcode handeln kann, zu regeln.

4.
Rechtlich schwierig zu beantworten ist auch die Frage, was passiert, wenn ein autonom agierendes System, das ohne menschliches Zutun weiterentwickelt wurde, Schäden verursacht.
Wie bereits ausgeführt, besteht eine der Maschine zuzuordnende Haftungsmasse nicht. Der Rückgriff auf das Vermögen des Herstellers oder Betreibers der Maschine ist jedenfalls dann schwierig, wenn es an einem Verschulden fehlt, beispielsweise weil die Maschine bei Lieferung und Inbetriebnahme noch keinerlei Schädigungspotenzial erkennen ließ. Die derzeit existierenden Gefährdungshaftungstatbestände reichen nicht aus. In Rede steht die Einführung eines Maschinenverzeichnisses mit einer Versicherungspflicht auch für nicht schuldhaft verursachte Schäden.

5.
Bei autonom agierenden Maschinen im reinen Industrieeinsatz stellt sich die Frage nach einer Maschinenethik zumindest nicht dringend. Etwas anderes gilt für Roboter, die ohne menschliche Überwachung Handlungen gegenüber Menschen vornehmen, beispielsweise im Pflegebereich oder bei der Wahrnehmung polizeilicher oder militärischer Aufgaben. Hier stellt sich die Frage, ob der Einsatz solcher Systeme zulässig sein kann, ohne dass die Maschine auch (programmierte) ethische Regeln beachtet.

6.
Schließlich dürften autonom agierende Systeme mit dem Austausch großer Datenvolumina anfällig gegen Angriffe von außen, beispielsweise durch Hacker, sein, was entweder durch den Ausfall der Maschine oder deren nicht vorhersehbares Verhalten zu Schäden führen kann. In Fällen, in denen diese Gefahr besteht, liegt es nahe, den Herstellern oder Betreibern solcher Systeme verpflichtend vorzuschreiben, dass ein bestmöglicher Schutz vor solchen Angriffen implementiert wird.

Ein grundsätzliches Problem der rechtlichen Absicherung technischer Innovationen ist die Geschwindigkeit der Letztgenannten im Gegensatz zu der relativen Schwerfälligkeit der Gesetzgebung, wobei diese in aller Regel auch erst dann Rechtssicherheit erzeugt, wenn sie durch höchstrichterliche Rechtsprechung in wichtigen Einzelfragen ein hinreichendes Maß an Konkretheit verliehen bekommt.


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